Beim Morgenschwumm

Jahre musste ich darauf warten. Heute war es dann so weit: endlich konnte ich einen Biber in freier Wildbahn beobachten! und gleich noch mit der Kamera festhalten…Beim Neophyten-Kartieren war ich heute morgen am Brüelbach im Kanton Zürich unterwegs. Es ist keineswegs ein schönes Gewässer in der Agglomeration der grössten Stadt der Schweiz. Laut ist es an seinen Ufern und die Luft wahrscheinlich auch nicht besonders sauber. Sowohl Autobahnen und verschiedene Bahnlinien gibt es auch in unmittelbarer Nähe, die die Landschaft extrem fragmentieren. In dieser vermeindlichen Einöde hat sich einer niedergelassen, dem solcherlei egal ist. Denn der Biber vermag wie kein anderes Säugetier seinen Lebensraum aktiv umzugestalten und ihn für sich passend zu machen.

Schon aus einiger Distanz fiel mir auf, dass eine ans Ufer anstössige Wiese ziemlich überschwemmt war. Letzte Nacht gab es zwar ein wenig Niederschlag, aber kaum genügend, um das viele stehende Wasser zu erklären. In unmittelbarer Nähe inspizierte ich die Situation und stellte fest, dass der Brüelbach wahrscheinlich gestaut wurde. Und fast augenblicklich hörte ich auch ein Geräusch, das mir schon öfters beschrieben wurde: das Klatschen, wenn ein Biber mit seiner Kelle, seinem abgerundeten, flachen Schwanz, auf die Wasseroberfläche schlägt, ehe er abtaucht. Die kräuselnden Ringe eben dieser Reaktion auf meine Anwesenheit erblickte ich noch durch das Geäst, den Biber allerdings nicht. Interessanterweise konnte ich auch keine typischen Nagespuren entdecken, die sonst lange vor dem ersten Bildnachweis die Präsenz dieses beeindruckenden Tiers verraten. Langsam und sorgfältig auftretend mit meinen Gummi besohlten Schuhen bewegte ich mich dem Ufer entlang. Mindestens so aufmerksam das Wasser beäugend wie ich vorher nach einem gelben Pflänzchen gespäht hatte. Und siehe da! Gemächlich schwamm der Biber in meine Richtung, aber keineswegs unaufmerksam. Schon bevor er auf meiner Höhe war, bemerkte er mich offenbar. Und tauchte wieder ab, ohne sich nochmals blicken zu lassen. Sein Morgenschwumm war mein Tageshighlight. Ich wünsch’ Euch allen eine solche Begegnung, wenn ihr das nächste Mal früh unterwegs seid!