Murmandl und sein Felsbett

Murmeltiter © P. Schuetz

Auch noch so flache Felstafeln sind eigentlich höchst unbequeme Betten. Murmeltiere teilen diese Meinung offenbar nicht, im Gegenteil…

Am letzten Samstag präsentierte sich das Herbstwetter von seiner besten Seite: Wunderbare Temperaturen um die 17° C und mehrheitlich sonnig lud es geradezu ein eine Bergwanderung zu unternehmen. Und in den Liechtensteiner Alpen unterwegs durften wir dabei jede Menge Murmeltiere bei unterschiedlichster Beschäftigung beobachten. So auch das Cover-Tier.

So auffällig auf seinem Felsen liegend stellte sich uns natürlich die Frage, ob es denn am Sonnenbaden sei? Oder gar ein lebensmüdes Naturell habe? Immerhin kreisten eine gute Weile auch zwei Steinadler über uns, wenngleich in grosser Höhe. Bedenkt man, dass Murmandl, wie sie umgangsprachlich in Österreich auch genannt werden, 90 Prozent ihres Lebens unter der Erde, also in ihrem Bau verbringen, gar keine so abwegige Theorie mehr…

Tatsächlich gibt es einen Zusammenhang zwischen diesem seltsamen Verhalten und dem grossen Anteil Lebenszeit unter Tage: Murmeltiere sind zwar an saisonal bedingte, tiefe Temperaturen gut angepasst. Dafür legen sie in den Sommermonaten grosse Fettreserven von bis zu 2 Kilogramm Körpergewicht (oder anders ausgedrückt bis zu 30% ihres Frühlingsgewichtes; bei adulten Tieren) an und überwintern meist im Familienverband in ihrem Bau, wovon v.a. Jungtiere profitieren, die erst im dritten Lebensjahr das Gewicht ihrer Eltern erreichen. Hohe Temperaturen dagegen setzen Murmeltieren zu, denn – im Gegensatz zu den meisten anderen Säugetieren – besitzen sie kaum Schweissdrüsen und können auch nicht hecheln wie Hunde, um Körperwärme abzuführen.

Wenn für ein physiologisches Problem keine ebensolche evolutive Lösung hervorgebracht wurde, kommt es bei betroffenen Organismen oft zu einer Anpassung ihres Verhaltens. So auch beim Murmeltier. Insbesondere im Sommer ziehen sich Murmandl zur heissesten Tageszeit zurück in ihren Bau, der angenehm kühl bleibt. Für die tagaktiven Nager bedeutet das zwar, einige Stunden aufs Fressen zu verzichten. Aber es ist der sicherste Weg nicht zu überhitzen. “Unser” Murmeltier haben wir also nicht beim Sonnenbaden erwischt, sondern beim “Kühl Liegen”. Warum ist es nicht einfach in seinen Bau verschwunden wie im Sommer? Vielleicht ist dieser jetzt im Herbst bereits zu gut ausstaffiert mit Heu, so dass das Abkühlen dort gar nicht mehr richtig funktioniert? Ein Artgenosse mit einem riesigen Fuder Altgras zwischen den Kiefern eingeklemmt legt diesen Schluss nahe. Platt gedrückt wie eine Flunder und Ton in Ton mit seinem Untergrund hatten wir jedenfalls schon in geringer Entfernung Mühe, das Tier noch auszumachen. Und all’ zu viel Fettreserven braucht sich dieses Exemplar wohl nicht mehr anzufressen. Es ist wohl bereit für den ersten Schnee oberhalb der Waldgrenze, der nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen wird…

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