Ersatzteillager

Regenerationsvermoegen © Martman (wikicommons, CC BY-SA 3.0)Das Wort fällt mir jedes Mal ein, wenn ich…eine Eidechse mit einem nachwachsenden Schwanz sehe. Es ist doch unglaublich, dass es Lebewesen gibt, die solche einschneidende Verletzungen nicht nur überleben, sondern sich gleich auch noch mit verblüffender Geschwindigkeit beinahe unversehrt davon erholen. Mein Staunen hat Berechtigung; ich versuche es zu erklären.

Höher entwickelte Lebewesen wie Wirbeltiere sind Geschöpfe, deren Regenerationsvermögen mit zunehemender (evolutiv bedingter) Organisationshöhe abgenommen hat. Im Laufe der Embryonalentwicklung differenzieren sich in solchen Lebewesen verschiedenste Zelltypen, die schliesslich sehr unterschiedlich aussehen können (z.B. Nervenzellen im Vergleich zu Blutzellen oder Muskelzellen) und ganz andere Aufgaben übernehmen werden. Diese Spezialisierung der Zellen kommt einer Arbeitsteilung gleich. Solche höher entwickelten Lebewesen sind sehr leistungsfähig. Der Preis dafür aber besteht in genannter beschränkter Regenerationsfähigkeit.

Ein Beispiel: Schneiden wir uns in den Finger oder schürfen uns das Knie auf, kommt es relativ rasch – innert einiger Stunden bzw. Tage, je nach Schwere der Verletzung – zu einem oberflächen Wundverschluss. Neue, durch Zellteilung entstanden Epidermiszellen, werden schliesslich das “Loch” stopfen. Auch bei Knochenbrüchen verhält es sich ähnlich. Ein Eidechsen-Schwanz nun aber besteht aus vielen verschiedenen Gewebetypen: Muskel-, Knorpel-, Knochen- und Bindegewebszellen müssten neu hergestellt werden, nicht nur ein einzelner Zelltyp! Wie geht das denn ?

Verrückterweise lässt sich die genannte Differenzierung der verschiedenen Zelltypen insbesondere bei Amphibien, aber auch bei Reptilien bei Verletzungen rückgängig machen. Die angrenzenden Zellen de-differenzieren sich und erlangen so wieder die Fähigkeiten embryonaler Stammzellen: sie teilen sich und bilden eine Ersatzteillager-Zellschicht (ein sogenanntes Regenerationsblastem), das schliesslich jeden benötigten Zelltyp für das Ersatzorgan produzieren kann. Tataaa! Und das Schwänzchen war wieder da!

PS: ein persönlicher link zum letzten Post – auch Pflanzen verfügen über Regenerationsfähigkeiten! die Traubenkirsche, die von einer Gespinstmotte heim gesucht wurde, ist keineswegs zum Sterben verurteilt. Auch sie kann wieder austreiben, dank spezieller Teilungsgewebe im Spross und in den Wurzelspitzen.

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