Reptilien kartieren

Zauneidechse © V. Geng (wikicommons)Klar haben wir fast alle schon mal Eidechslein auf einer Sonne warmen Mauer beobachtet. Vielleicht sogar gezählt, weil es mitunter so viele waren. Aber wie macht man das eigentlich “professionell”?

Weil die Zauneidechse auch Bahnböschungen und Strassenrändern gerne besiedelt, ist sie dort durch grosse Bauprojekt, zum Beispiel bei Erweiterung der Verkehrsträger auf mehr Fahrspuren, betroffen. Unsere Schweizer Gesetzgebung verlangt deshalb bei solchen Grosseingriffen Vorabklärungen (auch bekannt als Umweltverträglichkeits-Prüfungen) und ökologische Begleitung in der Bauphase (Umwelt-baubegleitung).  Im Rahmen solcher Aufträge durfte ich nun erstmals professionell Eidechsen kartieren.

Die flinken kleinen Drachen sind Frühaufsteher und wärmen bei den aktuellen Temperaturen binnen weniger Stunden so stark auf, dass sie beim geringsten Schattenwurf blitzschnell in eine Versteck zu flüchten vermögen. So fing unser Feldtag denn um 7 Uhr auf einer SBB-Grossbaustelle im Raum Kloten an.

Das A und O bei einem solchen Auftrag ist es, die Kartierflächen im Vorfeld gut zu studieren, damit dort, wo am ehesten Tiere erwartet werden, mit der Arbeit begonnen werden kann. An West exponierte Böschungen sind hierfür ideal. An ihnen werden Eidechsen bis zur Böschungskante hochklettern, um sich dort in den Morgenstunden zu sonnen. Eidechsen in Ost exponierte Böschungen dagegen bekommen dank der direkten Einstrahlung auch in dem Wald von  Stengel- und Halmen noch genügend Sonnenenergie ab. Die vorzüglich getarnten Eidechsen zwischen Gräsern und Wiesenkräutern wahrzunehmen, braucht ein geschultes Auge und den richtigen Blick.

Mindestens zwei Meter vor den eigenen Füssen huschen die Eidechsen gegen 10 Uhr bereits vor uns davon, wenn wir sie denn überhaupt bemerkt haben. Deshalb beginnen wir mit der Arbeit früh und suchen systematisch den Erdboden in dieser Entfernung ab. An ihren Silhouetten oder einer Schuppenfarbe können wir viele Eidechslein noch bestimmen und den Fundort notieren, an dem sie sich gerade aus dem Staub gemacht haben. Die bullige Zauneidechse wirkt wie Miniatur-Dinosaurier und fällt zu dieser Jahreszeit im Prachtkleid ziemlich auf. Fast neongrün wirken die kräftigen Männchen und auch ihre Weibchen sind im Vergleich mit den grazilen Mauereidechsen, die überlange Schwänze aufweisen, geradezu dicke “Brummer”. Oft tragen sie nun Eier, die sich am Hinterleib Beulen artig sogar erahnen lassen. Die Waldeidechse dagegen bevorzugt eher Waldränder, weil sie es feuchter mag. Bahnböschungen gehören eigentlich nicht zu ihrem Lebensraum und so haben wir sie nicht auf dem Radar und entdecken schliesslich auch keine.

Im Schnitt werden gerade Mal 5 bis 10 Prozent der anwesenden Reptilien registriert. Mit Hilfsmitteln allerdings kann man die Nachweis-Wahrscheinlichkeit erhöhen. Auf dunklen Wellmatten oder Blechen setzen sich Eidechsen gerne für ihr morgendliches Sonnenbad hin. Insbesondere Bleche aus Stahl werden aber sehr heiss. Wenn die Temperaturen zunehmen, begeben sich die Sonnenanbeterinnen in den Schatten. Solche Wellmatten oder -bleche nutzen auch andere Tiere gerne: von Blindschleichen, über Mäuse, die hier im Trockenen ihre Schlafnester bauen, über Kröten, konnten wir allerhand unter diesen schon entdecken. Abgesehen von einer Unzahl Insekten und anderer wirbelloser Tiere, die solche kühlen, oft auch etwas feuchten Verstecke lieben.

Im eigenen Garten kann es sich lohnen, als minimale Kleinstruktur ein einfaches Brett auszulegen an einer sonnigen Stelle. Es wird bald angenommen werden als Sitzwarte oder Rastplatz. Wer beim Hochheben die Kamera schussbereit hält, kann sicherlich ein paar lustige Schnappschüsse machen. Mit etwas Übung werden die Fotos auch schärfer als meine (siehe slider, unten). Viel Spass dabei!

 

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