Das Geheimnis der Wiederkäuer

Wiederkaeuermagen © P. SchuetzSchönheit und Funktionalität sind ein Paar, das in der Welt des Menschen vor allem den Liebhabern von gutem Design wohl bekannt ist. Natürliche Ästhetik ist dagegen allgegenwärtig und findet sich selbst im Verborgenen, wie da Beispiel Wiederkäuermagen zeigt.

Unter den grossen Säugetieren gibt es etliche, die reine Pflanzenfresser sind. Das mutet geradezu widersprüchlich an, wenn man sich vor Augen hält, dass unser grüner Planet vor allem einen Nährstoff bereitstellt, der von kaum einem höher organisierten Lebewesen auf Erden genutzt werden kann: die Zellulose. Kolosse wie Rindvieh oder Elefant benötigen für die Nutzbarmachung ihrer grünen Pflanzenkost mikroskopisch kleine Bakterien und andere Einzeller. Und diese Mikroorganimsen sind in teils exquisit umgebauten oder gar kompartimentierten Teilen ihres Verdauungstraktes untergebracht. Bei Hirsch und Reh z.B. handelt es sich um einen mehrkammerigen sogenannten Wiederkäuermagen. Als Kutteln vorgesetzt empfinden diesen heute nur wenige Westeuropäer als appetitlich. Dabei ist dieses Organ – in meinen Augen – von ausgesuchter Schönheit. Und der geheimnisvolle Ort der Zelluloseverdauung von Steinbock, Gemse, Hirsch und Reh.

Nach der Passage des Schlundes eines Wiederkäuers landet seine grüne Kost zunächst im sogenannten Pansen. Dieser Vormagen ist eine Sammel- und Gärkammer, in der Zellulose spaltende Bakterien unermüdlich am Werk sind, die Pflanzenfasern in kleinere Bestandteile zu zersetzen. Nach einem zweiten Mal Hochwürgen und des Zermahlen-Werdens im Mund gelangt der ein zweites Mal hinunter geschluckte Nahrungsbrei weiter in den Netzmagen, von wo der Bildausschnitt dieses Blogs stammt.

Die Oberfläche dieser nächsten Verdauungskammer ist immens vergrössert durch ein Gewebe an Zotten (links im Bild) und Querwänden, die dem Netzmagen ein fast wabenartiges Aussehen verleihen. Hier findet einerseits die Zuckeraufnahme in die Pansenzellen und andererseits das Sortieren des Nahrungsbreis statt. Nur fein Zerriebenes darf weiter in den Netzmagen. An diesem Ort wird dem Pflanzenbrei das Wasser entzogen. Und im Labmagen schiesslich werden unter Beimengung von Verdauungssäften auch Eiweisse und Fette aufgespaltet und schliesslich im Dünndarm resorbiert.

Das Beitragsbild entstand während der Jungjägerausbildung, an der ich derzeit teilnehme. Wir tauchen dabei längst nicht nur in die Verhaltensbiologie des einheimischen Wildes ein, sondern auch in seine Anatomie und Physiologie, in die Welt der Krankheiten und Erreger, betrachten aber keineswegs nur das Einzeltier, sondern auch die Populationen einheimischer bejagbarer Tierarten und ihren Platz im Ökosystem. Klar, dass sich mir ein riesiges Feld an faszinierenden Bildern und Geschichten auftut. In Kürze mehr davon:)

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