Das Gedächtnis von Zähnen

Mammutzahn © H. Grobe (wikicommons, CC-BY-SA-2.5)Zähne sind Datenträger. Sie speichern Informationen über das Alter, den Lebensstil und die Umwelt ihres Besitzers. Auch lange nach dessen Ableben erlauben es spezielle Untersuchungsmethoden, die auf Isotopen-Analysen beruhen, zu rekonstruieren, wie  sich dieser ernährt hat und welche klimatischen Bedingungen damals herrschten.

Anhand weniger Zähne aus der Huppergrube, Rickenbach, ist es gelungen, Lebensraum und Speiseplan der urzeitlichen Nashörner (Ronzotherium romani), die im späten Oligozän, also vor rund 25 Millionen Jahren auch im Kanton Solothurn heimisch waren, nachzubilden. Aber wie speichern Zähne überhaupt Informationen? Und was frass denn nun dieses längst ausgestorbene Nashorn?

Spätestens wenn wir wieder einmal selber Zahnweh haben, wird es uns empfindlich ins Gedächtnis gerufen: Zähne sind zwar hart, aber keineswegs unbelebt wie Steine. Durch Biomineralisation wachsen die Zähne von Säugetieren im Verlauf der körperlichen Entwicklung bis zu ihrer finalen Grösse aus, also zum dauerhaften Gebiss eines adulten Tieres. Und eben darin besteht der Schlüssel zum Gedächtnis der Zähne: Beim Wachstum, das durch Biomineralisation geschieht, werden nämlich Stoffwechselprodukte aus der Nahrung als Einzelbausteine, z.B. pflanzliche Kohlenstoff-Isotope, im Zahnschmelz eingelagert. So gibt z.B. das Verhältnis der jeweiligen Kohlenstoff-Isotope zueinander Auskunft, welche Gruppe von Futterpflanzen ein Nashorn bevorzugt vertilgt hat. Offenbar frassen die Rickenbacher Dickhäuter bevorzugt sogenannte C3-Landpflanzen. Wasserpflanzen und C4-Pflanzen dagegen haben wohl keine besondere Rolle in ihrem Speiseplan gespielt.

Analog konnte anhand der Sauerstoff-Isotopie dieser uralten Zähne die damalige Umgebungstemperatur analysiert werden. Die durchschnittliche Jahrestemperatur in der bewaldeten Savanne des Oligozäns um Rickenbach lag bei angenehmen 20° Celsius. Weil wichtige damals bereits vorkommende Nadelbäume (Taxodiaceae) in den Molasse-Schichten von Rickenbach fehlen, dafür aber Fossilienfunde von Palmen und Krokodile vorliegen, wird angenommen, dass wohl ein subtropisches Klima herrschte. Neugierig geworden, wie man sich denn nun die Rickenbacher Nashörner in ihrem Solothurner Habitat vorstellen muss?  Eine Rekonstruktion findet sich hier (Seite 13 des PDF).

Rickenbach unter den Tropen … vor 25 Millionen JahrenPDF

 

PS: Die Isotopen-Analysen, aber auch die internationale Bedeutung der Huppergrube als geologischer Referenzort für die Datierung von Funden aus dem Oligozän sind ausserdem noch viel ausführlicher  darin beschrieben.

Organismus: , ,
Ökosystem(e):
Themen: , , ,